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Im Statt-Theater geht’s dieser Tage mächtig zur Sache. Denn... Michael Eberle hat ein niegelnagelneues Solo-Programm namens „Venusfalle“...: eine geballte Ladung irgendwo zwischen Tiefenpsychologie und Hochleistungs-Spott
(Mittelbayerische Zeitung)
"… Michael Eberle studiert die Schaltpläne des Lebens wie ein Ingenieur die Metaphysik - nur um festzustellen, dass die ganze undurchsichtige Kybernetik des Schicksals Chaos pur ist… Eberles Auftritt ist eine bitterkomische Anstiftung zum Unglücklichsein."
(Süddeutsche Zeitung)
"... Er kommt, spricht und lässt seine Zuhörer atemlos zurück… Verbal-Akrobatik in höchster Perfektion kommt dabei heraus… Das ist von so atemberaubender Klasse…, dass sein Publikum kaum zu kichern wagt… klug ist das, durchdacht und hintergründig… Komisch. Bitter Komisch."
(Fürther Nachrichten)

Mittelbayerische Zeitung, 31.08.2012 / Internet 30.08.2012, 19:08

Das Schnappen der Venusfalle

Kabarettist Michael Eberle zelebriert im Regensburger im Statt-Theater das Zerrissensein des Mannes in mittleren Jahren.

Michael Eberle: Kabarettist im reifen Mannesalter, der versucht, alle Herausforderungen des Lebens zu meistern.
VON UTA VON MAYDELL, MZ 

REGENSBURG. Ganz schön blöd eigentlich, wenn da zwei Kunstmänner anreisen, um gemeinsam mit einem „Staukabarett“ für Laune zu sorgen – und dann wird der eine krank! Aber keine Bange, im Statt-Theater geht’s dieser Tage mächtig zur Sache, obwohl der avisierte Volker Bergmeister flachliegt. Denn seine „bessere Hälfte“ Michael Eberle hat ein niegelnagelneues Solo-Programm namens „Venusfalle“, das er jetzt fünf Abende lang durchzieht: eine geballte Ladung irgendwo zwischen Tiefenpsychologie und Hochleistungs-Spott.
Der Begriff „Venusfalle“ hat ja etwas Doppelbödiges. Natürlich liegen Assoziationen zu Venushügeln nahe, zu Frauenzimmern also – im Publikum mit rund 75 Prozent überpräsentiert. Aber zurück zum doppelten Boden. Es gibt ja auch noch die Venus-Fliegenfalle. Und das ist ein schnödes Gewächs, dessen halbrunde, dornenbewehrte Doppelblätter bei Fliegenberührung einfach Schnapp machen und einen komplizierten Verdauungsprozess starten.
Offenkundig ist, dass Michael Eberle beide durchs Hirn geistern. Schnapp macht’s bei ihm immer wieder, nach jedem hintergründigen Witz, mit dem er sein Auditorium oft auf dem falschen Fuß erwischt. Computer-Kauf oder Endlos-Verhandlungen mit der Telecom – auch wer sich da längst als mit allen Wassern gewaschen glaubt, bekommt plötzlich sonderbare Deja-vu-Gefühle, erinnert sich an unerklärliche Abstürze oder Warteschleiferei. Schnapp eben.
Oder das Elend mit 50. Geburtstagen: Keine Gaudi mehr, weil alle so gesund leben wollen, bis – ja, bis endlich das Thema auf Darmspiegelungen kommt. Da können dann alle mitreden, und zwar mit Lust. Sogar über Meisterschaften im (pardon) Wett-Scheißen wird spekuliert und über Hundehaufen, wobei man ja wieder mittendrin ist in Verdauungsprozessen ( – siehe Fliegenfalle).
Aber natürlich kommen auch die veritablen Venushügel nicht zu kurz. Himmel, was ein Mann so alles durchmachen muss! Beim Einschlafen erscheint dem Jüngling eine nackte Frau und – schwups – muss er ein Vaterunser beten, bei mehreren Frauen dementsprechende Steigerung bis hin zum Gegrüßetseistdumaria. Versteht sich, dass die ganze Beterei nichts hilft, besonders während der Pubertät. Aber Eberle hat erkennen müssen: Auch im reifen Mannesalter ist der Vaterunser-Schuldenfalle nicht auszukommen. Heidegger will er lesen und nimmt dann doch die Charlotte Roche mit ins Kammerl. Da helfen auch ernsthafteste Gespräche mit seinem besten Teil nicht, denn dieses hat nun mal nur das Eine im Kopf… Auch die profunde Erkenntnis, dass Mann weltgeschichtlich gesehen “nur für den Bruchteil einer Wimpernschlagsekunde” lebt, macht das Ganze nicht leichter. Selbstbestimmt und frei zu sein, erscheint als Ding der Unmöglichkeit und der freie Wille ein absolutes Rätsel. Auf gut bairisch heißt die Gretchenfrage: “ko i a so wia i sui, oda sui i a so wia i soi?” Gestattet sei dabei allerdings die Vermutung, dass Eberle sehr wohl so ist, wie er will. Gut nämlich. Und wenn er seine herrlich blauen Augen aufreißt und wieder mal “schnapp” macht – das hat schon was.